Sonntag, 29. November 2009
Die Entdeckung der Nutzung der Abwärme von Industrieschornsteinen in der Biedermeierzeit
In der Biedermeierzeit kam es beim Schornsteinbau zu einer Erfindung, die zur "Ersparung von mehr als ein Viertel des Brennmaterials im Vergleiche mit dem frühern Verbrauche" führte. Man schrieb im Jahre 1836:
"Wir verdanken diese Erfindung einem Fabrikanten in Heilbronn am Neckar, welcher durch die Vortheile der erwärmten Luft bei dem Betriebe der Hoch- und Kuppelöfen aufmerksam gemacht, zuerst daran dachte, auch die Oefen mit geschlossenen Feuerstellen durch erhitzte Luft zu speisen, und dazu die Wärme, welche gewöhnlich aus dem Schornsteine entweicht, zu benützen." (1)
Man kann sich dazu einen Schornstein ansehen, in dem eine solche Vorrichtung aus Röhren untergebracht ist, die dazu dient, die Abwärme, die dem Schornstein ent- weicht, energetisch auszunutzen.
In Mühlhausen im Elsaß wurde im Schornstein eines Spinnereigebäudes eine solche Apparatur aufgebaut. Es handelte sich um die Fabrik der Firma "Johann Köchlin, Dollfuß und Brüder". Der Rauch einer "Maschine von einigen und zwanzig Pferdekräften", die mit Steinkohlen befeuert wurde, zog in diesem Schornstein an Röhren vorbei, die im unteren Teil des Schornsteins aufgestellt worden waren.
Die in den Röhren zirkulierende Luft wurde durch den vorbeiströmenden heißen Rauch der Maschine erhitzt. Mit der erhitzten Luft wiederum liessen sich geschlossene Feuerstellen versorgen und so effektiver beheizen.
"Auf dieses Prinzip hat sich der Erfinder im Jahre 1834 Privilegien in den meisten deutschen Staaten, so wie in England und Frankreich ertheilen lassen, und fand vielfach Gelegenheit, dasselbe besonders für die Feuerungen von Dampfkesseln anzuwenden und auszubilden." (2)
Es gibt eine Beschreibung dieser Vorrichtungen im Schornstein. Sie ist hier zusammengefaßt:
Der heiße Rauch tritt über einen Rauchkanal in den hohen Schornstein ein, der über einer gußeisernen Platte mit Löchern darin liegt. Von den Löchern steigen Röhren im Hohlraum des Schornsteines auf. Unter der gußeisernen Platte befinden sich getrennte Luftkanäle, die mit den Rohren über der gußeisernen Platte zusammengeschaltet sind. Durch Luftschlitze gelangt von außerhalb des kubischen Sockels kalte Luft in Kanäle, die zu den Röhren führen, in der die Luft durch den außenhalb der Röhren vorbeiströmenden heißen Rauch erwärmt wird. Diese warme Luft steigt in den Röhren auf und wird weiter erhitzt. Danach wird sie nach einem Knick der Röhren oben wieder in anderen Röhren nach unten gedrückt, wo sie durch die Öffnungen in der gußeisernen Platte in den Kanal für die erhitzte Luft verbracht wird. Diese erhitzte Luft wiederum hat man durch den Kanal für heiße Luft dem Ofen zugeführt, der seinen Brennstoff effektiv bei Zufuhr erhitzter Luft verbrennt. Er gehörte in Mühlhausen wohl zu einer Dampfmaschine.
Obwohl diese Anordnung unglaublich simpel wirkt, mußte eine solche Idee erst einmal erfunden werden. Leider ist der Namen des Erfinders im Text völlig unerwähnt geblieben. Es ist denkbar, daß der Erfinder namentlich nicht erwähnt werden wollte.
Karl-Ludwig Diehl
baugeschichte (at) hotmail.com
Anmerkungen:
(1) zitiert aus: o.A.: Eine neue Bauart der Dampfmaschinschornsteine. S.313-314 und Zeichnungen auf Blatt LXX in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836. S.313f.
(2) zitiert aus: o.A., wie vor, S.314
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