Sonntag, 29. November 2009

Der Paternoster für Backsteine des Stadtbaumeisters Korompay im Wien der Biedermeierzeit



In Wien hatte man bei zwei Bauvorhaben einen Paternoster genutzt, mit dem Backsteine nach oben auf die Baugerüste befördert werden konnten. Es handelte sich um eine Erfindung, die der "bürgerl.Stadtbaumeister" Adolph Korompay in Wien gemacht und ausprobiert hatte.

"Der günstige Erfolg von zweien dieser Vorrichtungen, die ich besitze, deren eine beim Bau der k.k.Münze Anwendung fand, und die mir auf die unteren und höheren Stockwerke in gleichen Zeiträumen fast genau dieselbe Anzahl Ziegel hoben, wird mich zur Anfertigung mehrerer dergleichen bestimmen." (1)

Das macht neugierig. Wie haben diese Maschinen funktioniert? Was war der Auslöser zum Bau eines solchen Hebewerkes? Korompay schreibt:

"Das dringende Bedürfniß, bei der hier üblichen schnellen Bauweise die Ziegel in stets hinreichender Menge auf den Gerüsten der verschiedenen Stockwerke zur Verarbeitung bereit zu haben, veranlaßte mich, über die Verbesserung der bereits schon öfter in Gebrauch gekommenen Paternoster-Werke reiflich nachzudenken." (2)

Als er mehrere Baustellen gleichzeitig hatte, beriet er sich mit einem Mechaniker, der zusammen mit seinem Sohn und ihm über ein solches Hebewerk nachdachte. Man einigte sich schließlich auf eine auf Walzen umlaufende lange Kette aus hölzernen Kettengliedern, an deren Bretter kleine Behälter aus Blech befestigt sind, in die jeweils zwei Backsteine eingestellt werden können. Mittels Kurbel ließ sich der Paternoster in Bewegung setzen. Unten mußte jemand die Ziegel in die Behälter stellen, auf der Höhe, wo die Backsteine gebraucht wurden, waren sie zu entnehmen. Als man das erfundene Hebegerät einsetzte, ergaben die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Anlage folgende Werte:

"Mit dieser Vorrichtung ziehen vier Mann in 12 Arbeitsstunden 14,000 Stück Ziegel auf eine Höhe von 5 - 6 Klaftern.
Mit dem Klobenrad nach Art der Ziegeldecker bringen drei Mann in derselben Zeit nur 3800 Stück auf dieselbe Höhe, und auf die gewöhnliche Weise mittelst Handreichung von einem Taglöhner und 14 Taglohnbuben, die auf Leitern sitzen, wurden bei übrigens gleichen Umständen 10,500 Stück in die Höhe gebracht. Rechnet man den Taglohn für den Mann zu 30 kr.C.M. und für jeden Buben zu 18 kr., so kostet das Tausend
mit der erwähnten Vorrichtung gezogen... 8 kr.
mit dem Klobenrad............................... 24 kr.
und auf Leitern hinauf gereicht............... 27 kr." (3)

Man konnte also mit der Maschine sehr zufrieden sein.

Manches überrascht an diesem Transportband:

"Die Trommel a, worüber die Kette läuft, unterwarf ich vielen Veränderungen, und es bewährte sich die viereckige Form als die dazu geeignetste, obwohl ich selbst früher
der irrigen Meinung war, daß fünf- und mehreckige Formen der stumpfen Winkel wegen den leichten Gang der Kette befördern müßten." (4)

Korompay, der das schrieb, erwähnt übrigens, daß er gegen das Schwanken der Kette etwas unternehmen mußte:

"Dem Schwanken der Kette, welches der bedeutenden Höhe von 10 Klafter wegen, bei jeder Form der Trommel Statt fand, half ich durch Einlegen der Walzen b ab." (5)

Er hatte seine Kettenglieder aus Weißbuchenholz gefertigt, aber an empfindlicheren Stellen einen Eisenbeschlag anbringen müssen. Jedes Kettenglied wurde 12 Zoll lang.

"An der Kurbel ist ein Schwungrad f angebracht, welches das gezahnte Rad g in Bewegung setzt, und das durch die Vorlage h, Fig. 6, zum plötzlichen Stillstand gebracht werden kann." (6)

Paternoster waren zu unterschiedlichen Zwecken auf Baustellen zum Einsatz gebracht worden. Man müßte alle diese Baumaschinen aufspüren und zusammenfassend behandeln. Was sich aus dieser Ziegelhebemaschine von Adolph Korompay später ergab, ob diese Maschine eine Weiterentwicklung fand, und wie sie sich bewährt hatte, wäre zu verfolgen. Eine solche Maschine erinnert an die späteren Transportbänder, mit denen bis zu einem gewissen Winkel in der Regel Schüttgüter transportiert werden. Der Paternoster für Backsteine aus der Biedermeierzeit arbeitete jedoch senkrecht und ersetzte offensichtlich sehr sinnvoll den Seilaufzug über ein Klobenrad, mit dem in vergleichbarer Zeit nur sehr geringe Mengen an Backsteinen nach oben befördert werden konnten.

Karl-Ludwig Diehl

baugeschichte (at) hotmail.com

Anmerkungen:
(1) zitiert aus: Adolph Korompay: Vorrichtung zum Aufziehen von Ziegel. S.153-154 und Zeichnungen auf Blatt XXXVII in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836. S.154
(2) zitiert aus: Korompay, wie vor, S.153
(3) zitiert aus: Korompay, wie vor, S.154
(4)-(5) zitiert aus: Korompay, wie vor, S.153

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