Montag, 30. November 2009

Das Badezimmer in der Biedermeierzeit: Lassaulx richtet zwei Bäder in einem Bürgerhospital in Koblenz ein


In Koblenz arbeitete in der Biedermeierzeit ein Baumeister, der die Stelle eines Bauinspektors inne hatte. Dieser Baumeister Lassaulx fiel durch allerlei Veröffentlichungen auf, in denen er Erfindungen und Verbesserungen vorstellte. Er war auf eine Textstelle im Dictionnaire technologique gestoßen, durch die auf die "sinnreiche Heizmaschine" des Kupferschmieds Bizet in Paris hingewiesen wird. Dieser hatte seine Vorrichtung bereits genutzt, damit aufgeheiztes Wasser für Badewannen zur Verfügung stand. Daraufhin machte sich Lassaulx daran, im Bürgerhospital in Koblenz eine Beheizungsanlage für das Wasser zweier Badewannen einzurichten. Über Rohrleitungen war dadurch warmes Badewasser für Badewannen in zwei Badezimmern verfügbar geworden. Eine solche Einrichtung war sicherlich zu dieser Zeit eine große Neuerung. (1)

Zur Auswertung stehen uns ein Grundriß und ein Schnitt der nebeneinander liegenden Baderäume, sowie Detailzeichnungen der Beheizungsanlage zur Verfügung.

Lassaulx weist darauf hin, daß "der eigentliche Erfinder" dieser Heizmaschine, also der Kupferschmied Bizet, sie bereits mehrmals für einzelne Bäder angewendet hat,

"wo die Anlage ungleich wohlfeiler ist, indem hier der Wasserkasten, so wie die Schließhähne, unnöthig sind, und für die Heizmaschine ein Durchmesser von 8 Zoll im Lichten völlig hinreichend befunden wurde" (2)

Bevor ihm diese Erfindung von Bizet bekannt war, hatte Lassaulx in seinem Haus bereits eine Beheizungsanlage für sein Badewasser eingerichtet. All dies wirft Fragen auf, wie damals gebadet wurde und welche Vorrichtungen geschaffen worden waren, damit warmes Wasser zum Baden in Badewannen zur Verfügung stand. Doch beschäftigen wir uns hier nur mit den Baderäumen im Bürgerhospital in Koblenz. Die damalige Installation ist ausführlich beschrieben worden, damit die Zeichnungen verständlich werden:

"In einem Zimmer des obern Stocks in der Nähe der Krankensäle, und etwa 4 Fuß über dem Fußboden, steht ein hölzerner, mit gewalztem Blei ausgeschlagener Wasserbehälter A, Blatt LXII Fig.1 (im Grundriß, welcher durch die Steigröhre B einer im unteren Stock befindlichen Pumpe gefüllt wird." (3)

Man hat also zunächst mit Hilfe einer Pumpe das kalte Wasser in das Obergeschoß gepumpt. Es floß in einen Wasserbehälter aus Holz, der mit Blei ausgeschlagen war. Dieses Wasser konnte in die Badewannen abgelassen werden. Der Wasserbehälter speiste auch eine Entnahmestelle im Flur des oberen Stockwerkes. Wer Wasser benötigte, konnte sich hier Wasser entnehmen. Lassaulx formuliert zu dem Wasserbehälter:

"Er hat zwei Hähne C und D; durchs Oeffnen des erstern und mittelst einer vorgelegten Rinne kann sowohl die kupferne Badewanne E, als auch eine zweite F in dem anstossenden Zimmer, Fig.2, durch den in der Zwischenwand eingemauerten Trichter G gefüllt werden. Der andere Hahn D steht über einem Wasserstein auf dem Flur vor beiden Zimmern, damit das für den Bedarf der Bewohner des obern Stocks erforderliche Wasser hier abgezapft werden kann, und nicht aus dem untern Stock heraufgetragen werden muß, wodurch die Reinlichkeit der Treppe und Gänge mehr oder weniger leidet." (4)

Es ist sinnvoll, sich diesen Umstand bewußt zu machen. Im ersten Zimmer in der linken Ecke stand erhöht dieser mit Blei ausgeschlagene Holzkasten, dem mit einer Wasserpumpe aus dem Geschoß darunter Wasser zugeführt wurde. Von einem Wasserhahn, der keine Rohrverbindung zu den Badewannen hatte, ließ man Wasser über eine Rinne, die vermutlich angehängt wurde, in die Badewanne in demselben Raum ablaufen, die an der anderen Wand stand. In der Nähe dieser Badewanne befand sich in der Wand ein Trichter, in den ebenfalls Wasser eingelassen werden konnte. Es floß aus dem Trichter in einem Rohr in die Badewanne des benachbarten Bades. Damit das möglich war, mußte ebenfalls eine Rinne zwischen dem Wasserbehälter und diesem Trichter angelegt werden. Ein direkter Zufluß bestand nur zu der Wasserentnahmestelle im Flur. Bevor diese Wasserentnahme möglich wurde, mußten alle Personen, die im oberen Geschoß Wasser benötigten, nach unten laufen. Dadurch waren zuvor viele Unannehmlichkeiten vorgefallen, die nun reduziert waren.

Da das Hinaufpumpen des Wassers in den Wasserkasten im Obergeschoß auch zum Überlaufen führen konnte, hatte Lassaulx einen Überlauf eingerichtet. Dies ist so beschrieben:

"Die offene Röhre H steht etwas unter dem obern Rand des Wasserbehälters, und verhütet das Ueberlaufen desselben; sie führt in die Ablaufröhre J des Wassersteines auf dem Gange, und diese, wie jene KK der Badewannen, nach dem Trichter L einer außerhalb des Gebäudes angebrachten Ableitungsröhre." (5)

Wenn man sich das im Grundriß ansieht, sieht man drei Rohre, die aus den Badezimmern zu einem Wasserablauf außerhalb des Gebäudes hinstreben. Das sagt erst einmal, daß der Wasserablauf besser organisiert wurde als der Zulauf.

Nun zur "Heizmaschine" selbst. Um es vorweg zu nehmen, es ist ein Durchlauferhitzer. Das in die Badewanne eingelassene Wasser fließt durch ein unteres Rohr in die Heizmaschine, wird dort erwärmt, und fließt durch eine oberes Rohr in die Wanne zurück. Die Beschreibung aus der Biedermeierzeit ist so gehalten:

"Zur Erwärmung der Bäder dient die Heizmaschine M, Fig. 1 und 3, 4, 5 in der Ecke des ersten Zimmers. Sie besteht aus einem kupfernen birnförmigen Feuerbehälter N, Fig. 4 und 5, welcher offen und mit einem Rost O versehen ist; er endigt oben in einer Röhre P aus Eisenblech, welche den Rauch in eine benachbarte Schornsteinröhre abführt. An der Seite dieser Röhre befindet sich ein mit einem Deckel versehener Arm Q zum Einbringen der Kohlen. Der zwischen dem Feuerkasten N und dem Mantel R, von gleichem Metall und Form, bleibende Raum S steht mittelst den angelötheten kupfernen Röhren T T mit beiden Badewannen in Verbindung, von denen die eine oder die andere durch Schließung der Hähne V V V V von der Heizmaschine abgeschlossen werden kann. Ist nun die Badewanne gefüllt und sind die Hähne geöffnet, so füllt sich jener Zwischenraum S in der Heizmaschine natürlich ebenfalls mit Wasser, alsdann erst darf, aus begreiflichen Gründen, das Feuer angezündet werden, was durch einen unter den Rost gehaltenen brennenden Span, oder einige Papierschnitzel geschieht. Das Wasser zwischen dem Feuerbehälter und Mantel wird nun erwärmt, hierdurch spezifisch leichter, strömt mithin durch die obere Röhre in die Wanne, und ersetzt sich sofort durch die untere: es entsteht also ein Kreislauf, der so lange durch Nachfüllen von Kohlen unterhalten wird, bis das Badwasser den gewünschten Wärmegrad erhalten hat." (6)

Man muß also zunächst das Wasser in die Badewannen einlassen, die zum Baden genutzt werden sollen, dann wird der Ofen zum Heizen vorbereitet und die Hähne der Zirkulationsleitung des Wassers werden geöffnet. Dann wird der Ofen angezündet und durch die Hitze des Feuers erwärmt sich ein Wasserspeicher, der um diese Hitzequelle angeordnet ist. Nun setzt sich durch die Erwärmung des Wassers der Kreislauf in Bewegung. Sobald das Wasser in der Badewanne die gewünschte Temperatur hat, wird kein Brennmaterial mehr in den Ofen gegeben und das Feuer verliert an Kraft und geht schließlich aus.

Es stellt sich die Frage, wie man damals bei einer solchen Anlage das Badezimmer zu organisieren hatte. Lassaulx schreibt:

"Die Heizmaschine steht auf einer Steinplatte, damit die auf ein untergestelltes Blech fallende Asche den Fußboden nicht schädigen kann. Da der Rost in der Heizmaschine etwas von dem Fußboden entfernt, auch die obere horizontale Röhre etwas tiefer als der Wasserstand in der Wanne liegen muß, so wurde jede Wanne auf eine kleine Erhöhung W gestellt, die zugleich die Abflußröhren K K bedeckt und gegen Beschädigungen schützt, dabei etwas breit ist, damit die Krankenwärter darauf stehen können, um schwache Kranke bequem in und aus dem Bad zu heben." (7)

Man hat also den Ofen auf einer Steinplatte positioniert, damit die Brandgefahr reduziert ist, wenn Asche vielleicht noch mit Glut auf ein Blech aus dem Ofen abgelassen wird.

Außerdem erzwangen die Rohrleitungen zwischen Durchlauferhitzer und Wanne einen etwas erhöhten Standort der Badewannen, da das obere Rohr "etwas tiefer als der Wasserstand in der Wanne" liegen mußte.

Da Kranke in diesen Badewannen gebadet wurden, war die Plattform, auf der die Wanne stand, ausreichend breit zu machen, damit das Pflegepersonal die Patienten in das Wasser ablassen und relativ sicher aus dem Bad heben konnte.

Damals wurde auch geduscht. Es ist so dargestellt:

"Sollen Duschbäder gegeben werden, so geschieht dieß mit einer kleinen Druckpumpe, welche in die Wanne gestellt, an dieselbe befestigt und von den Kranken, oder den Wärtern in Bewegung gesetzt wird, außerdem auch zugleich als Handfeuerspritze benutzt werden kann." (8)

Man pumpte also das warme Badewasser in der Wanne mit Hilfe einer Handpumpe zu einem Duscharm, sodaß der Patient leicht von allen Seiten abgeduscht werden konnte. Leider fehlt eine Abbildung.

Lassaulx schildert weitere Beheizungsarten des Badewassers, die aber hier nicht abgehandelt werden sollen, da es nur um den Durchlauferhitzer im Bürgerhospital in Koblenz gehen soll.

Es hatte mich etwas überrascht, bereits in der Biedermeierzeit einen Durchlauferhitzer anzutreffen. Dieser scheint von dem Kupferschmied Bizet erfunden worden zu sein. Man wird dem genauer nachgehen müssen.

Karl-Ludwig Diehl

Anmerkungen:
(1) siehe: Lassaulx: Beschreibung der Badeanstalt in dem Bürgerhospital zu Koblenz. S.273-275 und Zeichnungen auf Blatt LXII in: Allgemeine Bauzeitung. Wien, 1836; dazu die Textstelle bei Lassaulx: "Ich lernte diese sinnreiche Heizmaschine durch das Dictionnaire technologique Tome II. p.430 kennen". (Lassaulx, S.274)
(2) siehe Zitat im Zusammenhang in: Lassaulx, wie vor, S.274
(3)-(6) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.273
(7) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.273f.
(8) zitiert aus: Lassaulx, wie vor, S.274

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